Wie bunt ist die Werbung wirklich?
Die gute Nachrichten zuerst: Es wird besser. Das zeigt die jährliche Stereotypenanalyse des Gislerprotokolls. Beispielsweise war der Sprechanteil von Frauen und Männern in Schweizer Bewegtbildwerbungen im Jahr 2023 ziemlich ähnlich. Von 243 untersuchten Werbungen kamen in 210 davon weiblich gelesene Personen vor. In rund einem Drittel davon sprachen diese auch. Bei den Männern sieht es ähnlich aus: 218 Werbungen enthielten männlich gelesene Personen, welche in 37% Prozent der Fälle sprachen.
Männer werden häufiger klischiert dargestellt
Und meist zu ihrem Vorteil. Auch das zeigte die aktuelle Sterotypenanalyse. Die beliebtesten männlichen Stereotypen sind nämlich «That One Funny Guy» (27 Mal) und der «Meister bei der Arbeit» (16 Mal). Es fällt auf, dass die genutzten Stereotypen für männlich gelesene Personen aktive, heldenhafte und souveräne Rollen sind. Frauen werden dagegen eher passive Rollen zugeschrieben, wie beispielsweise «Die Kümmerin» (22 Mal) und «Die stille Geniesserin» (15 Mal). Weg mit den Klischees!
Wenn man es einmal gesehen hat...
...kann man es nicht mehr nicht sehen. Die Speakerin Anja Nunyola Glover zeigte eindrückliche Fälle von Rassismus in der Werbung und erzeugte damit eine unbehagliche Stimmung im Raum. Denn nein, es sind keine kleinen, unbekannten Ausnahmen - es sind grosse Marken mit grossen Kampagnen, in denen Rassismus und Diskriminierung stattfindet. Ein lehrreicher Eye-Opener für alle Anwesenden.
Künstliche Intelligenz oder menschliche Ignoranz?
Wie tief verwurzelt Vorurteile sind, zeigt im Moment die Künstliche Intelligenz anschaulich. Fragt man generative KI, dann sind Manager ausschliesslich männlich und weiss, ein Liebespaar immer heterosexuell und emotional sind nur die Frauen. Und je öfter solch rassistische, sexistische und diskrimierende Inhalte reproduziert werden, desto mehr prägen sie die Gesellschaft (und das Netz). Um auf diesen Umstand aufmerksam zu machen, zeigten Vittoria Apicella und Luca Lilla von TBWA Milano ihr preisgekröntes Projekt «The B. I. A. S.».
Sexismus? Bei uns doch nicht! Oder doch?
Dritte Rednerin an diesem Abend war Isabel Gabor, Creative Director Diversity aus Berlin. Unter dem Titel «(M)ad girl – Sexismus, Wut und Aktivismus» sprach die gebürtige Schweizerin über ihre eigenen Erfahrungen mit Sexismus in Werbeagenturen. Und ja, auch hiesige Agenturen sind bei diesem Thema nicht ausgenommen. Ihre Wut führte Isabel Gabor jedoch zum postitiven Aktivismus, mit der Gründung des «Ad Girls Club», der sich gegen Sexismus in der Agenturwelt einsetzt.
Wir alle sind gefordert
Fazit des Abends: So unangenehm es auch ist, die Werbebranche muss sich ihren Schwächen stellen. Denn von alleine wird es nicht besser. Doch die gute Nachricht ist, jede*r von uns kann im (Berufs-)Alltag zu einer vielfältigen und inklusiven Werbelandschaft beitragen. Die nächste Stereotypenanalyse wird zeigen, wie weit wir gekommen sind.
Die gesamte Stereotypenanalyse 2023 findest du in diesem persoenlich-Artikel.