Plötzlich diese Klarheit!
«Now I see it!» Das ist der Schlüsselsatz im 2014 erschienen Harvard-Bestsellers The Moment of Clarity von Christian Madsbjerg und Mikkel Rasmussen. Das Buch verspricht nicht weniger als eine Revolution in der Entwicklung von Strategien – ein radikales Umdenken, dank welchem sich globale Topmarken wie Lego, Samsung oder Adidas erfolgreich neu positionieren konnten.
Wie kommt es, dass viele strategische Pläne in der Realität scheitern, obschon die Zahlen dahinter korrekt waren? Den Grund orten die Autoren in falschen, oft unbewussten Annahmen, auf denen Fakten und Entscheide beruhen. Wir glauben zwar, eine Strategie zu 100% rational erklären zu können, blenden aber aus, dass ihre Entwicklung von Hypothesen geprägt ist, die auf Annahmen statt auf der Wirklichkeit basieren. Aus demselben Grund sind auch User*innen-Umfragen weniger aussagekräftig, als wir glauben. In deren Fragen und Antworten schlummern ebenfalls oft Vorurteile.
Sensemaking statt Default Thinking
Die Autoren nennen die herkömmliche, auf Hypothesen basierende Form der Problemlösung «Default Thinking». Dieses Denken ist kein Problem, wenn sich die Welt nicht ändert und genug Erfahrungswerte bestehen. Häufig bewegen wir uns aber in einem Marktumfeld, das von Unsicherheit geprägt ist. In dieser Situation – die Autoren sprechen vom Navigieren im Nebel – ist eine neue Art der Strategiefindung gefragt: das Sensemaking.
Die Tabelle zeigt, worin sich Default Thinking und Sensemaking unterscheiden.
Von der Ethnologie zur Lego-Strategie
Wie aber gelingt das Navigieren im Nebel? Indem wir uns nicht auf Mathematik, Statistik und Ökonomie verlassen. Die Autoren lassen sich von Ethnologie, Psychologie und anderen Human Sciences inspirieren und gliedern den Sensemaking-Prozess in fünf Schritte.
Den Mehrwert des Sensemaking bringt das Buch mit einer griffigen Metapher auf den Punkt: Eine Strategie, die auf falschen Hypothesen statt auf realen Erfahrungen fusst und die keinen nachhaltigen Sinn stiftet, ist wie eine Stahlkathedrale, die auf Treibsand gebaut wurde.
Kreative Arbeit statt Ideen-Hiphop
Vom Festland aus betrachtet, ist ein vertiefender Teil des Buches besonders erhellend, nämlich die Gedanken zur Kreativität
Ob Ideen-Rap, Bodystorming oder den inneren Elvis entdecken: Die Erfahrungen der Autoren mit Innovations- und Kreativ-Workshops sind fast schon ein «Moment of Comedy». Sie plädieren stark dafür, sich von den gängigen Klischees über kreative Prozesse zu lösen, wie etwa, dass Kreativität nur Spiel und Spass sei oder dass Ideen wie von Zauberhand aus dem Nichts entstehen.
Echte Kreativität, die vor allem beim Erkennen von Mustern gefragt ist, ist kein Hokuspokus. Neben dem richtigen Vorgehen braucht es viel Know-how und Arbeit, damit im Datennebel die langsame Ahnung (slow hunch) entsteht, wie sich eine komplexe Realität in eine fokussierte Strategie verwandeln lässt.
Und plötzlich ist er da, der Moment der Klarheit.
Der Himmel über dem Val Ferret
Ein Buch voller Klarheit liest man am besten mit Sonnenbrille. Genau das hat unser Stratege Marco getan, an einem strahlenden Wintertag in den Walliser Bergen. Beim Lesen auf der Holzbank vor dem Kirchlein im Val Ferret entdeckte er auch seine Lieblingsstelle: den Vergleich zwischen dem Moment der Klarheit und dem Filmtitel «In weiter Ferne, so nah», der Fortsetzung von Wim Wenders' «Himmel über Berlin».
Strategische Klarheit gesucht?
Falls auch deine Markenwelt einen Moment of Clarity vertragen kann: Wir freuen uns darauf, die Komplexität mit den Mitteln der Kreativität in eine klare Strategie zu verwandeln.