Die Kirche als Marke
Ein Gespräch über Gott und die Werbewelt mit Saskia Richter, verantwortlich für Social Media bei der Katholischen Kirche im Kanton Zürich.
Saskia, wie verkauft man Kirche?
Wie eine NGO müssen auch wir als Kirche unser Tun sichtbar machen und dafür sorgen, dass wir in den Köpfen der Menschen verankert sind. Das geht am besten über Geschichten und Emotionen, die zeigen, wofür wir stehen. Das wussten schon die Gründerväter und -mütter der katholischen Kirche, denn bereits seit den Anfängen setzen sie auf Geschichten, Bilder und sinnliche Erlebnisse, wie das Licht der Kerzen und den Duft von Weihrauch.
Welche Ziele hat die Kommunikation für die Kirche?
Unser Produkt ist einerseits ideell, andererseits sind es auch ganz konkret unsere «Services», dazu zählen neben Seelsorge und Lebenshilfe auch viele weitere Dienste an Mensch und Umwelt. Unser Ziel ist es zu zeigen, dass Kirche mehr ist als der Gottesdienst am Sonntag. Kirche ist Gemeinschaft, Kirche ist karitativ und Kirche ist vielfältig.
Wie ist das Spannungsfeld zwischen den Vorgaben des Vatikans und der Realität in Zürich?
Das ist nicht immer einfach, denn die Lebenswirklichkeit im Vatikan ist doch relativ entfernt von derjenigen in Zürich. Doch das konkrete kirchliche Leben wird vor Ort gestaltet. Das duale System in der Schweiz mit der starken Mitwirkung von Laien erlaubt es uns aber, der katholischen Kirche ein «Zürcher» Gesicht zu geben.
Was sind eure grössten kommunikativen Herausforderungen?
Kirche ist an vielen Orten oft eine unsichtbare Stütze der Gesellschaft, die Menschen in seelischen wie körperlichen Notlagen zur Seite steht. Deshalb ist unsere Zielgruppe auch sehr heterogen. Wir möchten die traditionellen Christinnen und Christen genauso ansprechen, wie auch die sehr modernen, progressiven sowie alle dazwischen. Darin liegt wohl unsere grösste Herausforderung.
Und was tut ihr, um sicherzustellen, dass eure (Werbe-)Botschaften die Vielfalt der Gläubigen berücksichtigen?
Ob online mit Social Media, Website und Newsletter oder offline im Pfarrblatt Forum und dem Mitarbeitendenmagazin Credo, in unseren Medien bilden wir ein möglichst breites Spektrum kirchlichen Lebens ab, indem wir ganz verschiedene Menschen zu Wort kommen lassen und unterschiedlichste Projekte vorstellen. Damit fördern wir Dialog und Diskussion.
Wie schafft es die Kirche, ihrer Botschaft in einer immer lauteren und säkularisierten Welt Gehör zu verschaffen?
Wir müssen unsere Botschaft mit Geschichten und Gesichtern verbinden. Ganz wichtig ist dabei, authentisch zu bleiben. Auch hinter der Kirche stehen Menschen wie du und ich und die müssen nicht immer perfekt sein. Mir ist es wichtig, dass sich unsere Follower mit uns identifizieren können.
Welche Rolle spielt Social Media in der Kirche?
Seit dem Content Flow Workshop denken wir intensiver darüber nach, welcher Content wann, wo und in welcher Form publiziert wird. Über die verschiedenen Kanäle wird dann ein Thema von unterschiedlichen Seiten beleuchtet. Die Inhalte bleiben einzeln verständlich, ergeben aber insgesamt eine kanalübergreifende Geschichte.
Die Lange Nacht der Kirchen 2023
Am Freitag, 2. Juni 2023, fand zeitgleich in der Schweiz, Österreich und anderen europäischen Ländern die Lange Nacht der Kirchen statt. Ab 18 Uhr öffneten die christlichen Landeskirchen in elf Kantonen ihre Räume für alle Interessierten. Das Programm war dabei überraschend und vielfältig: von Konzerten, Theater- und Filmvorführungen über Lichtinstallationen und Game-Nights bis hin zu Kirchturmbesteigungen und der Einladung zum Glockenläuten. Gleichzeitig gab es aber auch stille Elemente, die zur Besinnung und zum Luftholen einluden.
Mehr Informationen unter langenachtderkirchen.ch
Bei der Langen Nacht der Kirchen arbeitet ihr auch mit anderen Glaubensgemeinschaften zusammen. Gibt es noch weitere Kooperationen?
Für verschiedene Projekte wie den ZFF Filmpreis der Zürcher Kirchen, die Hochzeitsmesse und aktuell die Lange Nacht der Kirchen arbeiten wir eng mit unseren reformierten und christkatholischen Kolleginnen und Kollegen zusammen. Auch im digitalen Bereich gibt es einen Austausch. So fand vor Kurzem das erste Netzwerktreffen der #digitalenKirchen in Zürich statt, zu dem die Methodistische Kirche eingeladen hatte. Mit dem runden Tisch der Religionen gibt es ein weiteres Instrument der interreligiösen Zusammenarbeit. Zudem unterstützen wir unter anderem auch die muslimische Gemeinschaft bei der Ausbildung von qualifiziertem Seelsorgepersonal.
Wie beeinflussen deine Identität und deine Erfahrungen als Frau in der Katholischen Kirche deine Arbeit? Und welche Veränderungen würdest du gerne sehen?
Die Kommunikationsstelle, in der ich tätig bin, ist ein sehr offener Bereich innerhalb der Katholischen Kirche. Hier spielt das Geschlecht, anders als bei pastoralen Tätigkeiten, bei denen klare klerikale Regeln gelten, eher eine untergeordnete Rolle. Natürlich würde ich es begrüssen, wenn langfristig auch in anderen Bereichen der Katholischen Kirche die Möglichkeit für Frauen besteht, gleichberechtigt Kirche mitzugestalten.
Danke, Saskia, für dieses Gespräch.
...studierte Marketing und Kommunikation an der Hochschule der Medien in Stuttgart, bevor sie in der Schweiz für verschiedene Unternehmen, darunter FedEx, als Digital Content Spezialistin tätig war. Heute ist sie bei der Katholischen Kirche im Kanton Zürich als Informationsbeauftragte Synodalrat für die Online-Kommunikation, Soziale Medien sowie das Event-Management verantwortlich. In der Freizeit fröhnt sie ihrer Leidenschaft für Kommunikation durch Fotografie. Ihre Bilder sind in verschiedenen Ausstellungen sowie auf ihrem Blog zu sehen.
Wie kriegst du die Kirche voll?
Oder den Konzertsaal? Oder das Kino? Oder das Theater? Wenn auch du auffallend klare Kommunikation für deinen Anlass suchst, freuen wir uns auf deine Einladung zum Briefing-Event.